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Reitstile im Vergleich: Englisch gegen Western

Thema: Hobby

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Von Zylindern und Zügeln – die Grundlagen


Als hätten die Pferde nicht schon genug damit zu tun, uns auf ihren Rücken zu ertragen, müssen sie sich auch noch mit den verschiedenen Wahnvorstellungen von Reitstilen herumschlagen, die wir Menschen uns ausgedacht haben. Zwei besonders verbreitete Stile sind die Englische und die Westernreiterei.

Beim Englischen Reitstil, der vor Adel and Strenge nur so strotzt, trägt man zwischen Tweed und Hoher Hut auf disziplinierte Weise majestätische Rösser zur Schau. Hier gilt: aufrechter Sitz, minimaler Kontakt, höchste Eleganz. Das Sattelwerkzeug besteht aus Sattel mit Steigbügeln, die gerade so groß sind, dass man die Zehen hineinzwängen kann, und Zäumung, die mehr Schnallen hat, als ein Ikea-Bausatz Seiten in der Anleitung.

Westernreiterei hingegen, oft verbunden mit dem Geruch von Freiheit und Leder, ist der lässige Cowboy unter den Reitstilen. Ein Westernsattel gleicht einem Sofa fürs Pferd und bietet dem Reiter genug Stauraum für alles, was man für eine ordentliche Viehtrieb-Tour oder einen gemütlichen Ritt durch die Prärie braucht. Die Zügel liegen locker in der Hand, der Sitz tief, fast als würde man in eine Liegepolsterung hineinsinken.

Pferdelektüre: Reiten ein Dialog, kein Monolog


Kommunikation ist der Schlüssel in jeder guten Beziehung – auch zwischen Reiter und Pferd. Die feinen Unterschiede beginnen schon beim ersten „flüstern“, wenn man versucht, durch Zügel- und Schenkeldruck mit dem Pferd in Kontakt zu treten. Beim Englischreiten wird das Pferd durch präzise Signale dirigiert. Stellen, Biegen, weiche Hände, und das Pferd tänzelt unter den versierten Aids des Reiters wie in einer höfischen Gesellschaft um 1800. Die Kommunikation ist hier ein konstantes, stilles Gespräch – fast so, als würde man Morsecode über die Zügel schicken.

Im Westernsattel hingegen kann man fast denken, das Pferd liest die Gedanken des Reiters, so subtil ist die Verständigung. Ein Fingerzeig, ein Gewichtswechsel, eine leichte Zügelbewegung, und das Pferd weiß, was zu tun ist, als wäre es Teil eines alten Ehepaares, das einander ohne Worte versteht. Das Westernpferd scheint geradezu darauf zu warten, seinen Part der Choreografie beizusteuern, und zwar mit der Beiläufigkeit, mit der ein Saloon-Besucher seinen Hut an den Haken wirft.

Wenn das Outfit entscheidet: Man ist, was man reitet


Wie bei jeder guten Sportart gibt es auch beim Reiten die ungeschriebenen Regeln des Dresscodes. Während der englische Reitstil eine gewisse staubige Noblesse ausstrahlt und man deshalb in Reitkostümen mit Krawatte, Reithose und Lackschuhen auftritt, erscheint der Westernreiter wie aus einem Spaghetti-Western entsprungen – komplett mit Filzhut, Jeans und den obligatorischen Stiefeln.

Die Aesthetik der Disziplinen vereint dabei Mensch und Tier zu einem Gesamtbild. Ein Englischreitpferd in Trense und Sattel sieht so aus, als hätte es einen Termin bei der Königin, während der Westernpartner mit Hornsattel und breiter Brust aussieht, als wäre sein nächster Stopp die unendlichen Weiten des Grand Canyon. Nicht zu vergessen, die Turniere, bei denen beide Richtungen ihre Prunkuniformen auspacken, um zu zeigen, wer den glänzenderen Helm oder die spektakuläreren Chaps hat.

Arbeit oder Vergnügen: Die Philospohie hinter den Stilen


Die Philosophie hinter beiden Stilen ist so vielschichtig wie ein Zwiebelkuchen auf einem Dorffest. Im Englischreiten liegt der Ursprung in der militärischen Reiterei und der höfischen Jagd – hier zählt Präzision und Tradition. Dafür werden die Pferde auf höchste Dressurleistung und feine Kontrolle gezüchtet und trainiert, sodass etwa der Dressurreiter auf dem Viereck seine Prüfungen absolviert wie ein Ballerino – nur in Lederstiefeln und ohne Spitzenschuhe.

Westernreiten hingegen hat seine Wurzeln in der Rancharbeit. Diese Arbeitspferde mussten schnelle Entscheidungen treffen und unabhängig von den Cowboys agieren, um einerseits das Vieh zu hüten und andererseits den Reiter nicht im nächsten Kaktus zu parken. Vielseitigkeit und Verlässlichkeit sind hier die tragenden Pfeiler. Ein Barrel-Race ist dementsprechend auch nicht zu vergleichen mit einem Tee-Kränzchen, sondern eher mit einem Rodeo, bei dem Geschwindigkeit und Wendigkeit die Zuckerwürfel im Tee ersetzen.

Der elegante Galopp versus die spritzige Lope


Beim Englischreiten dreht sich alles um den Galopp – eine Bewegung, die Energie und Eleganz mit jeder Pferdehuf-Gerade förmlich in den Sand schreibt. Wenn ein Pferd im Galopp antrabt, sind seine Bewegungen ausladend und schwungvoll, während der Reiter möglichst unaufdringlich ein harmonisches Gesamtbild zeichnen soll.

In der Westernwelt hingegen genießen wir die gemächliche Lope. Das entspannte Dreitaktmuster dieser Gangart fühlt sich an, als würde man in einem schaukelnden Sessel sitzen, während das präriebrisegekühlte Haar den Staub aus dem Gesicht weht. Man sagt, wenn ein Westernreiter beim Lope einschlafen könnte und dabei nicht herunterfiele, dann hätte er alles richtig gemacht.

Kultureller Galopp


Letztendlich könnte man meinen, dass Englisch und Westernreiten unterschiedlicher nicht sein könnten. Die eine Disziplin, besessen von Genauigkeit und Tradition, die andere entspannt und praktisch veranlagt. Tatsächlich sind beide Stile aber Ausdruck einer tiefen Liebe und einer unerschütterlichen Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd. Egal ob im Zylinder oder im Stetson, im Leder- oder im Samtsattel, am Schluss zählt, dass das Zusammenspiel harmoniert – so wie eine perfekt abgestimmte Symphonie, nur dass hier die Musiker manchmal wiehern.
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